Samstag, 5. November 2011

Aus meiner Gemeinde II

Am ersten November war das Hochfest Allerheiligen und ich habe die Messe besucht, froh darüber, dass das trotz Schichtarbeit möglich war, und wie so oft habe ich sie nicht frohen Mutes, sondern nachdenklich wieder verlassen. Die Messe fand nicht in der kleinen Filialkirche statt, in der ich vor zweieinhalb Jahren gefirmt wurde und die ich sonst aufsuche um an der heiligen Messe teilzunehmen, sondern in der Hauptkirche meiner Heimatstadtgemeinde, in die ich nur selten gehe. Und das aus gutem Grund. Die liturgischen Eigenmächtigkeiten dort nehmen allmählich überhand, und ich merke wie mich das zunehmend nervt. Das mir viele der neueren Kirchenlieder nicht so gut gefallen, mag Geschmackssache sein, aber das sich jemand die Mühe gemacht hat, überall das Wort "Brüder" mit Kugelschreiber sorgfältig durchzustreichen und durch Geschwister o.ä. zu ersetzen  kann ich nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen. Mittlerweile ist es Normalität geworden, dass Laien zusammen mit dem Priester die Kommunion (Handkommunion versteht sich) austeilen, auch wenn dies nur in Ausnahmefällen gestattet ist. In dieser Kirche belasse ich es bei einer geistigen Kommunion, denn als ich beim letzten Mal eine Mundkommunion empfangen wollte, hat mir der Priester die Hostie so fest auf die Zunge gedrückt, dass ich das als aggressiv empfand. Er hat wohl nicht damit gerechnet, und sein Gesichtsausdruck war alles andere als freundlich, eine Mischung aus Überraschung und Ärger. Es sind auch Laien, die die konsekrierten Hostien aus dem Tabernakel holen, obschon dies wie ich vermute, eigentlich dem Priester vorbehalten sein sollte. Auch die sicher gut gemeinte Geste, dass der Priester die Kommunion erst einmal an die Anwesenden Gläubigen austeilt, um danach zusammen mit den Ministranten in einer Reihe hinter dem Altar stehend selber zu kommunizieren, erfüllt mich mit sanfter Resignation. Was soll das? Das in dieser Kirche beim Vater unser obligatorisch der Embolismus weggelassen wird finde ich ebenfalls unangebracht, handelt es sich dabei doch um eine liturgische Eigenmächtigkeit die nicht erlaubt ist, wie so vieles andere auch. Zum Schluss fiel mir dann noch auf, dass der Priester zum Abschlusslied nicht die Alterstufen herunterging und sich mit den Ministranten dem Altar zuwandte, sondern am Ambo stehenblieb, und mit Blick auf die Anwesenden das Lied mitgesungen hat. Warum? Hat er Angst, dass die Anwesenden Laien es als abwertend empfinden könnten, wenn der Priester ihnen für die Dauer eines ganzen Liedes den Rücken zuwendet?  Kurz bevor das Lied zuende war stieg er dann mit den Ministranten die Altarstufe herunter, verbeugte sich kurz in Richtung Altar und ging in die Sakristei. Noch bevor der letzte Ton verklungen war, begab sich der größte Teil der Gemeinde dann laut miteinander redend nach draußen, fast so als wäre man im Kino gewesen und der Film ist aus. Ein Pastoralreferent, mit dem ich mich vor einem Jahr einmal unterhielt, sagte mir, dass er eine zunehmende Klerikalisierung der Kirche befürchtet, b.z.w. eine Rückkehr der Kirche zu den alten Verhältnissen, die, wie ich dann wohl annehmen sollte schlecht gewesen waren. Dies deckt sich mit den Befürchtungen vieler Katholiken die einer verstärkten Demokratisierung der Kirche das Wort reden. Da ich erst seit ca. zweieinhalb Jahren Glied der Römisch-Katholischen Kirche bin, habe ich viele Entwicklungen der Kirche nicht mitverfolgt, aber ich weiss, dass man den römischen Ritus in der ordentlichen Form durchaus auch angemessen und würdig feiern kann, wenn man sich an die liturgischen Vorgaben hält. Wenn die oben beschriebene Messe das Produkt einer Demokratisierung der Kirche ist, kann ich das nur skeptisch sehen, denn das Gefühl für die Bedeutung der Liturgie geht immer stärker verloren, wenn man sie zu einem Projekt der gesellschaftlichen Emanzipation macht. Der Priester macht dann sowenig wie möglich selbst und gibt lieber demonstrativ zu verstehen, dass er "einer von uns ist", was auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass er sich ansonsten bürgerlich kleidet, und so für niemanden mehr als katholischer Geistlicher erkennbar ist. Ich finde das einfach nur traurig.

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