Mittwoch, 31. Oktober 2012

Ewige Verdammnis?

Mir scheint das Problem der Annahme der Existenz der Hölle darin zu bestehen, dass man die Liebe Gottes immer mit der Freiheit des Menschen zusammen betrachten muß. Hätten wir nicht die Freiheit, nein zu Gott zu sagen, wären wir nicht frei, und die Annahme Gottes wäre ein moralischer Imperativ von zwingender Notwendigkeit. Das ist aber nicht das Ja, dass sich Gott von uns wünscht, worin wir ein weiters Stück von der Weisheit und Güte Gottes erahnen können, die uns ja doch meistens verborgen bleibt. Somit ist Gottes Liebe nicht bedingungslos, sondern an unser in Freiheit gesprochenes Ja zu Ihm geknüpft. Somit hat auch unser Nein eine Konsequenz, aber, wer sagt schon im vollen Bewußtsein wirklich Nein zu Gott, und ist religiöse Indifferenz oder Desinteresse bereits ein Nein? Dennoch, hier geht es nicht um eine Kosten – Nutzen Rechnung sondern um Wahrheit, denn niemand möchte an eine Illusion glauben, und auch ein Ja zu Gott mag in die Irre führen, wenn man Gutes nur tut, um in den Himmel zu kommen, denn dieses wäre, wie Kant schon richtig angemerkt hat, moralisch fragwürdig. Christlicher Glaube ist immer die Ausrichtung an das Ideal des Guten um des Guten willen, und das Ideal ist begründet in der unveräußerlichen Würde jeder menschlichen Person, die sich wiederrum von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen ableitet. Wir vertrauen darauf, dass das Gute das wir tun, dereinst vielfach zurückgegeben wird, aber wir fordern es nicht ein, und wir tun es ohne absolute Gewissheit, sondern im Vertrauen auf die überlieferten Worte unseres Herrn Jesus Christus, oder in der "relativen Glaubensgewissheit subjektiver Gotteserlebnisse". Ich weiss, in unserer Welt kommt die "reine Motivlage" vielleicht nur selten vor, menschliches Handeln unterliegt wohl meistens einem Geflecht unterschiedlichster Ursachen und Absichten, aber das Entscheidene ist das auf dem Weg sein, der Wunsch, der Versuch in der Nachfolge des Herrn recht zu handeln und zu denken, es geht nicht darum, es hier zur absoluten Perfektion zu bringen, dies wäre auch nicht die Definition des Heiligen.
Es bleibt schwierig, denn mit der notwendigen Freiheit einher geht oft genug ein Gefühl völliger Gottverlassenheit, das auch für mich oft schwer auszuhalten ist. Es sind diese Momente des Zweifels, die mich jedem Atheisten mit Respekt begegnen lassen, denn der Zweifel öffnet Räume der Begegnung, und an die Möglichkeit der ewigen Verdammnis glaube ich nicht, weil ich ein unverbesserlicher Moralist bin, sondern weil Jesus selbst davon gesprochen hat. Das Evangelium anzunehmen bedeutet eben auch, die mir nicht genehmen Stellen anzunehmen. Alles andere wäre doch nur Stückwerk.

Samstag, 20. Oktober 2012

Ein Jahr "Meine Sicht der Dinge"

Fast hätte ich es vergessen:
Seit einem Jahr bin ich jetzt in der Kathbloggerszene aktiv. Letztes Jahr Oktober habe ich angefangen. Wahnsinn wie schnell die Zeit vergeht. Eigentlich war die Entscheidung, eigene Überlegungen zu vertexten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen nicht von mir geplant gewesen, sondern entsprang einem unmittelbaren Impuls, es geschah spontan, denn es gab einfach viele Gedanken, die ich mir aus dem Kopf schreiben wollte, weil mich als Konvertit vieles beschäftigt hat, bzw. immer noch beschäftigt, was in meiner Kirche und in mir selber vorgeht. Da ich in vielem auch kritisch auf die Kirche blicke, musste ich immer auch aufpassen, dass mein Blog nicht zu einem Frustableiter wird, was mir aber nicht immer im vollen Umfang gelungen ist, fürchte ich. Mein Wunsch konstruktiv, wenn auch in einem extrem bescheidenen Maße, am Wirken meiner Kirche teilzunehmen, ist nach wie vor vorhanden, und soll mich auch zukünftig leiten. Ein Dankeschön an alle, die sich gelegentlich hierher verirren, und ein besonderes Dankeschön an jene, die hier Kommentare hinterlassen.

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Gedanken zur Piusbruderschaft

Natürlich steht das Selbstverständnis der FSSPX als Hüterin der ganzen Tradition der Kirche z.B. gegen eine Ökume wie sie heute für richtig gehalten wird. Das alleine dürfte schon vielen, die wie selbstverständlich Abendmahl der evangelischen Christen und Eucharistieverständnis der katholischen Kirche in einen Topf werfen, ein Dorn im Auge sein. Den kürzlich erfolgten Aufruf zur "Wiedervereinigung" zwischen den beiden großen Konfessionen, "Ökumene jetzt - Ein Gott, ein Glaube, eine Kirche", würde dort wohl niemand unterschreiben. In Fragen der Kirchenlehre kann man nicht einfach den kleinsten gemeinsamen Nenner suchen, weil es eben um Wahrheit geht, nicht um Meinungen. Hier kann jedes Detail wichtig sein. Für die Piusbruderschaft, und übrigens auch für jeden Katholiken (theoretisch) gibt es nur eine von Christus gestiftete Kirche, nur eine, die sich in ununterbrochener Folge bis zum heutigen Tag auf Christus unseren Herrn berufen kann. Soll man jetzt also sagen, dass die eine wahre Kirche Christi Abstriche machen soll, um den abgespaltenen Gemeinschaften entgegenzukommen? Hat die Kirche überhaupt ein Recht dazu, wenn sie ihrer Sendung treu bleiben will? Das Unwahrhaftige ist meines erachtens, dass viele Christen beider Bekenntnisse sich so verhalten, dass sie mit den Füßen abstimmen, und glauben so für vollendete Tatsachen sorgen zu können. Nach dem Motto: Mehrheit = Wahrheit. So funktioniert das aber nicht, denn die Kirche ist keine parlamentarische Demokratie, in der wir einfach darüber abstimmen, wie es weitergehen soll. Ich habe weiter unten über diesen Ökumene jetzt - Aufruf geschrieben, dass es nach menschlichen Ermessen nicht möglich ist, den zerbrochenen Spiegel wieder heil zu machen, das vermag nur der Herr der Geschichte, denn aus katholischer Sicht gibt es nur einen Weg, die Trennung zu überwinden: Die Rückkehr aller schismatischen Gemeinschaften in die katholische Kirche, auch wenn man  auf soviel Einsicht wie hier, gemeinhin nicht zählen kann. Die Piusbruderschaft weiß das und wird niemals solange sie besteht, von dieser Haltung abrücken, genau das macht sie inakzeptabel für viele Katholiken, obwohl die Piusbruderschaft hier im Grunde sehr ehrlich ist. Allerdings ist eine reine Rückkehrökumene natürlich keine Lösungsoption - weil extrem unwahrscheinlich. Was nun? Niemand gibt es gerne zu, aber die Unterschiede in der Sakramentenlehre und dem Kirchenverständnis zwischen der Kirche und den reformierten Gemeinschaften sind unüberwindbar, wenn nicht einer von beiden sich selbst verleugnet. Wer anderes behauptet, betreibt meines erachtens Augenwischerei. Die Einsicht in die Aussichtslosigkeit heutiger ökumenischer Bemühungen soll jedoch keineswegs Resignation bedeuten. Mein Vater z.B. meint, dass es doch eigentlich egal ist, es gibt halt Katholiken und Protestanten - na und? Ich sehe das nicht so, mir geht es um Ehrlichkeit, um die Einsicht, dass wir zwar trennen konnten was zusammen gehört, die Zusammenführung aber nicht in unserer Macht steht. Es bleibt nur der mühselige, teilweise nervige und einem immer an die eigenen Grenzen bringende Weg des Gesprächs, und der damit verbundenen Übung in Geduld, Ehrlichkeit und wertschätzender Sachlichkeit auf beiden Seiten - und das gemeinsame Gebet.
Was nun die FSSPX betrifft, wird sie sich immer weiter vom Mutterschiff entfernen und somit selber Teil der ökumenischen Bestrebungen der Kirche werden, auch wenn sie natürlich fordern, dass die Kirche ihren Kurs ändern soll, da sie sich angeblich auf Abwegen befindet. Auch hier kann ich die Piusbruderschaft teilweise verstehen, denn in der nachkonziliaren Zeit gab es ja vieles, was tatsächlich einem Bruch mit bisher gewesenem  gleichkam. Aber wie unterscheidet man mit Sicherheit was ein Bruch darstellt, und was die Weiterentwicklung der bisherigen Tradition? Im liturgischen Bereich scheint das einfach zu sein, da z.B. von der Abschaffung der lateinischen Sprache nie die Rede war, aber wie steht es mit der Religionsfreiheit und dem Verhältnis von Kirche und Staat? Hier nimmt die FSSPX Standpunkte ein, die m.E. Rückständig sind und Problematisch noch dazu, denn ihnen scheint das Konzept einer Staatsreligion näher zu sein, als ein weltanschaulich neutraler Staat der allen Religionsgemeinschaften gleiche Rechte einräumt. Toleranz gegenüber anderen Religionen wäre dann ein Akt der Venunft, aber somit Toleranz die gewährt werden kann, aber nicht muß - für mich inakzeptabel. Die Ablehnung der Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen unterstreicht das noch zusätzlich. Ebenso problematisch sind Äußerungen einzelner exponierter Vertreter innerhalb der Bruderschaft, die dem Begriff der Tradition meines erachtens immensen Schaden zugefügt haben. Einige Beispiele von drei Bischöfen der Bruderschaft hier, hier und hier, die sich auch noch beliebig fortsetzen ließen, und die natürlich Fragen aufwerfen: Werden solche Äußerungen unwidersprochen hingenommen, und falls ja - warum? Entsprechen solche Äußerungen der Mehrheitsmeinung? Oder gibt es eine interne Diskussion, gar offenen Widerspruch, von dem ich nur nichts weiss? Wieviel von dem, was innerhalb der FSSPX abgeht dringt überhaupt nach außen?Einstweilen bin ich nicht bereit, die gesamte Bruderschaft nach den Äußerungen Einzelner Mitglieder zu beurteilen, aber mir fehlen klare Distanzierungen, wie sich jetzt im Falle Williamson allmählich vorgenommen werden.
Die FSSPX wird sich wohl weiter von der Kirche entfernen, und sich auch weiter einkapseln. Äußerungen wie die eben verlinkten werden ihren Teil dazu beitragen, dass es schwierig bleiben wird die Piusbrüder wieder ins Boot zu holen. Interessant ist, dass offenbar innerhalb der Bruderschaft Klärungsprozesse stattfinden, in denen es wohl auch darum geht, in welche Richtung die Bruderschaft künftig gehen soll. Es scheint, dass es selbst hier noch Menschen gibt, denen die Haltung einiger ihrer Mitbrüder zu liberal ist. Für mich ein Zeichen langsam beginnender Zerfallsprozesse und zunehmender Radikalisierung, das Schicksal aller Sekten, allerdings ist es aufgrund der schlechten Datenlage schwer einschätzbar, wie diese Entwicklungen letztlich zu beurteilen sind. Ich schätze, dass es darauf hinauslaufen wird, dass sich die Bruderschaft nochmals aufspaltet, ein Teil zur Kirche zurückkehrt, und ein radikaler Rest ein Eigendasein fristen wird. Ein weiterer Splitter im zerbrochenen Spiegel.